Sardinien (2002)

Autor: Wigand Stransky

Nach dem bei uns der Urlaub in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen war, sollte es dieses Jahr ein richtiger Urlaub werden und weit in den Süden gehen. Zusammen mit Anne, Matze und Lisa fuhren wir (Susi, Wigand und Anne2) im Juli nach Sardinien.
Die Vorbereitungen unsererseits fielen sehr knapp aus, da ich die letzten Wochen meines Baby(halb)jahres noch auf unserer Baustelle vorwärtskommen wollte. So wurde alles, was irgendwie im Urlaub eventuell Verwendung finden könnte, in zwei Stunden in das Auto gestopft, und los ging es. Nach einer Woche sortieren hatte ich dann das Chaos halbwegs im Griff.
Die lange Fahrt in den Süden mit Zwischenstopp bei meiner Schwester in München verlief problem- und staulos. Nach einer fast durchwachten Nacht hofft man auf ein ruhiges Plätzchen auf der Fähre, um doch noch eine Mütze Schlaf abzubekommen, – aber denkste, die Dudelei aus allen verfügbaren Lautsprechern ist doch allgegenwärtig.
Nach der Ankunft im Hafen war es schon relativ spät abends und unsere Zwerge mussten auch langsam in die Falle, also fuhren wir auf einen der schönsten Strände und Zeltplätze (lt. Reiseführer), nur ein Dutzend Kilometer vom Hafen entfernt. Den Reiseführer hatten wohl viele andere auch gelesen, daher war der Zeltplatz gut gefüllt. Nach Aufgabe des Versuchs, das von den Schwiegereltern geborgte Zirkuszelt aufzubauen, wurde das Bergzelt hingestellt, in das wir wie tot hineinfielen.
Dann endlich am nächsten Tag: das Mittelmeer, baden, sonnen, Sonnenbrand, schwimmen und tauchen. Mit einer Taucherbrille kann man sich lange mit vielen bunten Fische tummeln, Muscheln findet man nur sehr selten.
Der nächste Zeltplatz befand sich in der Nähe vom Capo d‘ Orso – dem Bärenkap, das auch wirklich so aussieht. Schon auf dem Zeltplatz konnten unsere zweijährigen Zwerge erste Boulderversuche machen und um das Bärenkap gibt es reichlich Probleme, wo man am Abend, wenn die Sonne nicht mehr so brennt, sehr schnell lange Arme bekommt. Bis zum Bärenkap sind Matze und ich mit den Fahrrädern, die Anne und Matze im VW-Transporter mit­genommen hatten, gefahren. Da Sardi­nien ein in das Meer geworfene Gebirge ist, hat man auch mit dem Aufwärmen keine Probleme.

Ein Tag am Strand des Surfparadieses zeigte mir auch meine Grenzen: Eine halbe Stunde Kampf mit dem starken Wind und den Wellen machten mir klar, daß die 10 Jahre alten Kenntnisse nicht ausreichend für diese Umstände waren.
Da die Wellen unseren Zwergen die Freude am Planschen nahmen, bekamen sie von Matze ihren eigenen Pool in den Sand geschaufelt, den sie gar nicht mehr verlassen wollten.
Die Costa Smeralda (Smaragdküste) wurde als Urlaubsort für die Reichen und Schönen entwickelt, und entsprechend hoch ist auch das Preisniveau, eigentlich überall auf Sardinien. Zeltplätze sind das einzige, was für normal Sterbliche halbwegs erschwinglich ist. Es wurden keine Betonbettenburgen zugelassen, sondern eine der Landschaft angepasste Architektur verwirklicht. Die in der Mittelmeerregion übliche Vermüllung wird hier konsequent unterdrückt.
Sardinien hat, wie die anderen Mittelmeerländer auch, viele steinerne Zeugen aus der mehrtausendjährigen Besiedlungsgeschichte vorzuweisen. Grabfelder mit Steinkreisen (Wie schaffen die es immer wieder, auf den Prospekten die Steinchen so gewaltig aussehen zu lassen?), Gigantengräber mit tonnenschweren Steinplatten und Nuraghendörfer mit einem gewaltigen Befestigungsturm in der Mitte sind überall auf der Insel finden. Diese Befestigungstürme haben mehr als 2 m dicke Steinmauern, innerhalb der Mauer führt eine Wendeltreppe auf das Dachgewölbe. Man kann natürlich auch außen, die Fugen als Tritte und Griffe benutzend, kinderleicht nach oben klettern, um die Aussicht zu genießen. Sehenswürdigkeiten, auf die an der Straße hingewiesen wird und die dementsprechend leicht zu finden sind, kosten alle Eintritt.
Ein weiterer Höhepunkt war unsere Wanderung am Capo Testa. Das Granitgestein ist dort durch Wollsackverwitterung kilometerweit zu den bizarrsten Formen erodiert. Nachdem wir in einer Bucht ganz für uns allein sogar FKK baden gehen konnten, war unser Glück vollkommen.
Da wir einige Nächte außerhalb der Zeltplätze verbrachten, der Strand mit den Süßwasserduschen (Reiseführer) weder Süßwasser noch Dusche hatte und Wasser nicht mehr so reichlich vorhanden war, wurde die Frage erörtert, ob man Nudeln auch im Meerwasser kochen könnte. Nach einer groben Abschätzung wurde das dann auch getan. Gelernt haben wir aus den versalzenen Nudeln: mindestens 1:2 mit Süßwasser mischen! Also keine echte Einsparung. In dieser Nacht gab es dann auch einen der seltenen Regenschauer in dieser Jahreszeit.
Unsere Rundreise führte zur Neptungrotte am Capo Caccia, die wirklich beeindruckende Tropfsteine zu bieten hatte. Der Eintrittspreis von 8 Euro pro Person schmerzte allerdings doch etwas, bei weiteren Gelegenheiten umgingen wir diese Wegelagerei meistens.
Im Landesinnern werden 80% der Korkproduktion Italiens in riesigen Korkeichenwäldern erzeugt. Das musste unser Förster natürlich unbedingt ansehen. Die kleinen Lastwagen mit dem Kork werden so hoch beladen, dass sie bei Rückenwind sicher den Motor ausmachen können.
Nach einer Woche im Land wollten wir nun aber endlich klettern, das Zeug sollte schließlich nicht umsonst mit rumgeschleppt werden. An der Ostküste in Cala Gonone machten wir auf dem Campingplatz Station. Zwei von einigen Klettermöglichkeiten konnten wir nutzen. In einer riesigen Grotte mit Sandboden konnten wir sogar alle vier gleichzeitig klettern, da unsere Kinder mit Schaufel und Eimer den Sand umackerten.
Der Campingplatz war sehr groß und etwas teuer. Durch die Unübersichtlichkeit haben wir uns drei Tage früher abgemeldet. Das so eingesparte Geld wurde dann in ein Motorschlauchboot investiert. Diese Geräte gehen richtig los, bei etwas Wellengang kann man durchaus abheben. So haben wir an unserem letzten Tag noch einige Kilometer der Steilküste mit ihren Buchten und Grotten gesehen. Und schon war der Urlaub vorbei und nach der langen Heimfahrt konnte man sich zu Hause dann endlich richtig erholen.