Eisklettern in Norwegen (2008)

Autor: Matze Goede

Wir waren in den letzten Jahren öfters im Winter zum Eisklettern im einmalig schönen Norwegen. Die Gebiete, die wir besucht haben, sind alle landschaftlich grandios, in der Regel eissicher und versprechen gutes Klettern vom entspannten Toprope, über lange Mehrseillängenrouten bis hin zum Drytooling.
Hier ein paar Tipps und Infos zur Logistik:
Dombras ArealWichtig ist zunächst ein wintertaugliches Auto, wobei Schneeketten durchaus öfters angesagt sind, da die Norweger nicht salzen, wenig streuen und immer mit Spikes fahren. Die Schneeschaufel braucht man eventuell auch schon mal, um einen Parkplatz am Straßenrand freizulegen. Die Anreise nach Norwegen ist natürlich alternativ mit Zug und Flugzeug möglich, aber vor Ort geht ohne Auto nix, also wer zum Eis will, muss dann vor Ort mieten.
Die Zugänge zum gefrorenen Glück sind meist zu Fuß ohne weiteres zu bewältigen, was nicht heißt, dass man nicht auch mal ein Stündchen zum Einstieg laufen muss und auch, dass es öfters dabei alpin-sportlich zugehen kann. Die Lawinenausrüstung ist auf jeden Fall hilfreich, wobei die Skiausrüstung eher zur Ausgleichsbetätigung am Ruhetag eine nette Ergänzung bietet.
Zeit sollte man für den Eisurlaub in Norwegen ruhig ein bisschen mehr einplanen, sonst lohnt sich die Anreise über die doch nicht ganz unerhebliche Entfernung nur bedingt. Eisklettern ist natürlich von Dezember bis März möglich, von den (leider auch dort) vorkommenden Warmfronten mal abgesehen. Den lokalen Wetterbericht zu checken macht durchaus Sinn, da Norwegen sehr unterschiedliches Wetter hat. Rjukan ist dabei eher kontinental beeinflusst und im Romsdalen staut sich gern das schlechte Westwetter.
Am Winteranfang sind die Tage sehr kurz und man ist allein. Zum Winterausklang hin kommen mit den langen Tagen auch mehr Leute und bohren zunehmend Löcher ins jungfräuliche Eis (vor allem in Rjukan). Allerdings kann man dann auch nach dem entspannten Kaffeetrinken noch bei Tageslicht klettern, oder, wer schnell ist, zum Kaffee nachmittags schon wieder in der Sonne sitzen und seine Mitte suchen… Trotzdem sind selbst im März rote Nasen kein Problem, da Temperaturen um -20°C tagsüber keine Ausnahme sind, also warme Sachen nicht zu knapp einpacken.
Verpflegung lässt sich vor Ort in jeder größeren Stadt (Rjukan, Molde, Andalsnes, Dombas) stressfrei einkaufen. Bergsport­artikel bekommt man außer in Rjukan (begrenzte Auswahl) oder Oslo aber eigentlich nicht. Ersatz an Steigeisen, Hauen etc. sollte darum im Handgepäck nicht fehlen.

1.Gebiet: Rjukan

Wer auf konsumfreundliche Infrastruktur steht, ist im Süden im Gebiet um Rjukan gut aufgehoben. Eistechnisch wird hier auf engstem Raum alles geboten, so dass sich das Potenzial des Gebietes schon international rumgesprochen hat. Auch für Einsteiger gibt’s sehr viele Möglichkeiten. In den letzten zwei Jahren fallen ab Mitte Februar immer mehr Engländer über das Gebiet her (die haben es ja auch nicht so weit…), so dass es an den Einstiegen zunehmend voller wird.
Führer: – Heavy Water – Rjukan Ice: Rockfax Ice Climbing Guide to the Rjukan Area of Norway (Rockfax Climbing Guide) von Jon Haukassveen (Author), Tom Atle Bordevik (Author), ca. 30,- €
Anreise: – nach Oslo mit Auto, Zug, Flugzeug;
– von Oslo über Kongsberg nach Rjukan (ca. 3 Stunden Autofahrt)
Schlafen: – in Rjukan gibt es mehrere Hüttensiedlungen, die man aber für Fahrten ab Mitte Februar schon im Herbst vorbuchen sollte
Sonstiges: – interessantes Museum zur Bedeutung Rjukans im 2. Weltkrieg
– Größeres Skigebiet in der Nähe, außerdem gute Möglichkeiten für Langlauf und Touren

2. Gebiet: Romsdalen und Umgebung

Das Gebiet ist unter Bergsteigern berühmt oder doch zumeist bekannt, liegt aber weit ab von Oslo und bleibt eher den Individualisten vorbehalten. Eistechnisch wird auch hier alles geboten, allerdings existiert Literatur nur sporadisch und wenn dann in norwegisch. Dafür sind Landschaft und Eisfälle umso grandioser.
Direkt hinter Andalsnes unterm Romsdalshorn und der Trollwand starten die ersten Fälle die sich entlang der E136 durch das Raumadalen über Bjorli (Pass) bis nach Dombas erstrecken. Für den ersten Abschnitt im Romsdalen hat ein Freund ein paar Karten (6 PDF –Karten unter: http://kvfl.com/eisklettern-norwegen/187/ zum Download) mit Routeninfos zusammengestellt (Tysen Takk Jan!). TL ist die Abkürzung für Taulenger und bedeutet – haarscharf kombiniert – Seillänge. Im weiteren Talverlauf bis hoch nach Bjorli gibt es weitere Fälle, und dann wieder zahlreich um Dombas und auch von dort weiter Richtung Süden an der E6. Da die Täler steil sind, kann man die potenziell Verdächtigen gut von der Strasse erkennen. Ein Fernglas ist in der Regel nützlich um Zu- und Abstieg bzw. Schwierigkeiten abschätzen zu können. Wer über Oslo anreist, findet an der E6 auch schon diverses Eis, man muss sich nur entscheiden…
Führer: – nicht wirklich vorhanden, für Romsdalen siehe PDF-Karten
Anreise: – mit Flugzeug: über Oslo, dann nach Molde, Auto mieten (eventuell in Alesund günstiger) und dann nach Andalsnes
– mit Auto: über Oslo, dann die E6 über Dombas, dann E136 weiter nach Andalsnes, Oslo-Andalsnes sind ca. 450km (ca. 6 Stunden Autofahrt)
Schlafen: – Andalsnes ist guter Ausgangspunkt für’s Romsdalen, Dombas für den südlicheren Teil – in beiden Orten gibt’s Touristinfos die weiterhelfen.
– Bjorli liegt in der Mitte etwa, an der Passhöhe, hat Skigebiet und eine schöne Hüttensiedlung, aber exklusiv und meistens teuer
– oder sportlich mit Wohnmobil und Standheizung
Sonstiges: – Andalsnes (und Umgebung) ist absolutes Mekka für Skihochtouren in herrlicher Bergkulisse über den Fjorden, also Ski nicht vergessen.