Faltboot-„Expedition“- Oberlauf der Spree (2012)

Autor: René Heymann


Tourenbeschreibung einer Faltboot-„Expedition“ ab WKW Ruhlmühle
Spreepegel: Lieske (152cm/5,42m3) ; Sprey (99cm/7,65m3); Spreewitz (197cm/11,1m3)
Boot: Pouch RZ85/3
Fast jeder kennt den Spreewald oder ist das ein oder andere Mal dort um entweder sich von einheimischen ‚Rudel’-Haltern durch die Fließe staken zu lassen oder selbst zu paddeln. Nun beginnt die Spree ja nicht erst ab Burg oder Cottbus, sondern es gibt auch den recht interessanten Abschnitt des Oberlaufes der Spree.
Die Tourenbeschreibung(en) des oberen Spreelaufes in einschlägigen Foren für das faltbootfahrende Volk sind leider nicht gerade zahlreich. Daher beschlossen zwei Faltbootenthusiasten im April diesen Jahres den Oberlauf der Spree zu erkunden.

Start: …soweit im Oberlauf wie eine Befahrung mit Faltboot möglich erschien. Um eine geeignete Einsatzstelle zu finden, wurde an einem Wochenende im April die Spree erkundet. Als Grundlage diente eine Tourenbeschreibung ab Niedergurig, die vor besagtem Ort eine Einsatzstelle direkt hinter der Brücke (318,3km) an der B156 erwähnt. Die Stelle eignet sich sicherlich tatsächlich zum Einsetzen des Bootes, doch sahen wir davon ab hier unsere Tour zu beginnen, da sich flußabwärts in Klix eine Brückenbaustelle (310,8km) befand, die eine Durchfahrt absolut unmöglich machte. Das Umtragen hätte sich auch recht schwierig gestaltet, da die Baustelle recht weiträumig abgesperrt war. Ok, dann müssen wir wohl doch weiter nach einer geeigneten Stelle suchen, wobei wir uns als nächste Möglichkeit den Flußverlauf ab bzw. unterhalb Bärwalde vornahmen. Grund dafür ist schlicht die Tatsache, dass bis Bärwalde jegliche Befahrung aus Naturschutzgründen gesperrt ist. Sicherlich eine Folge der Renaturierung und Umverlegung der Spree, die durch den Braunkohletagebau Bärwalde des eigenen ursprünglichen Flußbetts beraubt wurde. Nach Beendigung des aktiven Braunkohleabbaus steht nun die Wiederansiedlung von Fauna und Flora an erster Stelle. Ein Umgehen des Verbotes währe eh nicht sinnvoll gewesen, da es unzählige Sohlschwellen gibt, die bei Niedrigwasser (NW) umtragen werden müssten, teilweise sieht man es dem Fluß an, dass er künstlich angelegt wurde, was momentan noch nicht besonders einladend wirkte. Am Wehr von Bärwalde fanden wir neben einem alten im Wasser versenktem Simson Moped eine mögliche Einsatzstelle, die aber nicht besonders gut zu erreichen und somit ungeeignet war. Also weiter flußabwärts eine Stelle finden…
Endlich! Am Wasserkraftwerk (WKW) Ruhlmühle (274,3km) wurden wir fündig! Eine schöne große Wiese zum Aufbau, Parkmöglichkeit für PKW, Einsatzstelle 50m unterhalb des WKW auf der rechten Seite…was wollten wir mehr?

Sonntag der 22. April war ein recht sonniger Tag, zwar etwas durchwachsen aber doch geeignet um Paddeln zu gehen. Gesagt getan…Punkt 12 Uhr mittags standen wir auf der Wiese am WKW Ruhlmühle und bauten unser Boot auf.
Eine halbe Stunde später trugen wir unser Boot zu der erspähten Einsatzstelle. Mittlerweile befand sich da ein schönes gepflegtes Blumenbeet, welches den nahenden Frühling verhieß. Wir hatten aber genügend Platz um das Boot zu Wasser zu lassen.
Und Los ging´s…einige Bäume umschiffend, die im Wasser lagen, steuerten wir unsere erste Sohlschwelle an. „(Eine Sohlschwelle, auch Sohlabsturz, in Österreich auch Sohlgurt genannt (engl. low weir), ist ein quer zur Strömungsrichtung eines Flusses verlaufendes Regelbauwerk, dass seine Tiefenerosion vermindert. Übliche Bauformen sind Steinaufschüttungen, Pfahlreihen oder Betonschwellen.)“

Was ich an dieser Stelle erwähnenswert finde, ist die Tatsache, dass die Spree hier eine auffallend rostbraune Färbung hat, die auch am Ufer den Stand des letzten Hochwassers deutlich kenntlich macht. Ist etwa Raseneisenerz für diese intensive Färbung verantwortlich?
So zurück zu unserer ersten Sohlschwelle (SW) bei Kilometer 274,1. Lautes Rauschen kündigte sie bereits von weitem an. Da keiner von uns beiden Wildwasser-Erfahrung besitzt, hielten wir an, um die beste Linie für die Befahrung zu finden. Umtragen war ja nicht möglich bei den hohen Ufern. Ein kurzer Blick genügte um links nahe am Ufer eine schöne schnelle Durchfahrt ohne Steine im Verlauf zu erkennen. Weiter rechts blockierten Steine und Äste den Fluß. Soviel zur Theorie! Wieder im Boot galt es nicht lange zu fackeln…kurz und bündig: Die linke Seite angesteuert, leicht von der Strömung mitziehen lassen, und schwups…wir waren durch! Bis zum Ortseingang von Neustadt hatten wir noch genügend Gelegenheit uns an einigen Sohlschwellen zu üben. Da der Wasserstand etwas höher war als zum Zeitpunkt unserer Erkundung waren die meisten Sohlschwellen kein Problem…das Prinzip der ‚Goldenen Mitte’ war fast immer richtig. Selbst Sohlschwellen mit einem Höhenunterschied von 50cm haben wir problemlos gemeistert, jedoch wird man mit der Zeit etwas leichtsinnig, wenn alles so gut klappt! Wir hatten bisher jede Sohlschwelle im Boot bleibend kurz inspiziert sind dann wieder ein kurzes Stück aufwärts gepaddelt um mit Anlauf der Ideallinie folgend durchzurauschen. Einmal nahmen wir die vermeintliche Ideallinie ohne vorher zu schauen…es hat ganz schön gekracht im Gestänge! …aber war nur einer der Spanten, der entgegen meiner Befürchtung aber nicht gebrochen war! Also, wieder schön ruhig, notfalls kurz anhalten, schauen und dann weiter. Der folgende Abschnitt war auf längerer Distanz sehr ruhig zu befahren. An der nächsten Sohlschwelle angekommen, die sich durch lautes Rauschen bemerkbar machte, wussten wir warum. Die war schon etwas heftiger…
Nach ausführlicher Begutachtung und Beratung trafen wir die Entscheidung, eine Befahrung zu wagen. Die ‚Goldene Mitte’ war glücklicherweise wieder ideal, die unmittelbar nachfolgenden Wirbel haben wir im Boot zwar gespürt, sind aber durch den Schwung einfach durch.

Wir kamen nachfolgend in das kleine Örtchen Spreewitz, wo sich linkerhand die Kleine Spree, nachdem sie sich in Spreewiese von der Hauptspree getrennt hat und eigene Wege ‚gehen’ wollte, wieder vereinigt. In nicht allzu großer Ferne grüßen bereits die weiße Rauchschwaden ausspeienden Schornsteine des KW Scharze Pumpe, mittlerweile eines der modernsten Braunkohlekraftwerke. Ich möchte nicht wissen, wie es zu DDR Zeiten hier ausgesehen hat. In Höhe der Ortschaft Zerre befindet sich die sogenannte „Rauhe Rampe“. Laut DKV Führer gilt sie als ‚evtl. befahrbar’. Der Empfehlung sind wir dann aber nicht gefolgt, da sich genau in der einzig befahrbaren Mitte zwei große Felsbrocken im Weg befanden.
Es blieb uns nicht anderes übrig als dieses Wehr zu umtragen. Freudigerweise befindet sich hier ein kleiner Rastplatz für den angrenzenden Radweg, so hatten wir Gelegenheit eine Pause einzulegen und haben unser erstes wohlverdientes Bier genossen. Da wir nun kurz davor waren nach Brandenburg zu gelangen, hatten wir uns vorsichtshalber etwas Verpflegung mitgenommen. Weiter ging es vorbei am nicht mehr existierenden Wehr Trattendorf (GoogleMaps ist nicht ganz auf dem Laufenden), über eine absolut tückische Sohlschwelle (kurz, 30cm hoch, erst kurz vorher wahrnehmbar…), die wir mit viel Schwung meisterten… auf zur nächsten Schwierigkeit! Kurz vor Spremberg (Grodk) gibt es wieder eine schnell fließende Sohlschwelle zu überwinden, wobei man die unmittelbar nachfolgenden Pfeiler der Brücke stehen lassen sollte.
Vorheriges Anvisieren der richtigen Durchfahrt und Einigkeit bei Steuermann und Mitfahrer welche Durchfahrt man nimmt könnte hilfreich sein.
Dies war dann aber auch die letzte Schwierigkeit bevor man nun langsam dahin treibend, am ortsansässigen Kanuclub vorbei, Spremberg erreicht. Strittmatters „Der Laden“ könnt’ einem da so in den Sinn kommen. In der Ortsmitte von Spremberg hat man die Qual der Wahl. Entweder die ruhige Spree weiter bis zum Hauptwehr oder rechts durch das wild rauschende ‚Weiße Wehr’ den Altarm Wilhelmsthal weiter. Hier trainiert der Kanuverein von Spremberg Slalom. Da wir keine Lust mehr auf Wildwasser hatten und auch nicht für die nächste Olympiade trainieren wollten, entschieden wir uns für den ruhigen linken Weg, der uns zu unserem Etappenziel am Hauptwehr brachte.

Unser Fazit von der Tour: „Man muss das mal gemacht haben.“ …aber nicht täglich!
Der weitere Spreeverlauf wartet noch auf uns.