Jambo und Karibu auf dem Dach von Afrika (2011)

Autor: Marion Noack

Es sollte „DER“ Urlaub werden. Deshalb wurde nichts ausgelassen, wo man Informationen herbekommen konnte und auch die Tipps für Verhaltensweisen in einem afrikanischen Land wurden ernst genommen.

Um all den Warnungen vor räuberischen Taxifahrern ein Schnippchen zu schlagen, buchten wir ein kleines Hostal im Voraus, was gleichzeitig auch den Flughafentransfer anbietet. Dank moderner Technik, die durchaus auch in Tansania angekommen ist, wurde auch alles gleich bezahlt und wir sitzen am 10.09.11 ganz entspannt im Flieger. Mit der KLM geht es zunächst nach Amsterdam, von dort nach Kilimanjaro – Airport.

So eine fantastische Sicht aus 10 000 m Höhe habe ich noch nie erlebt. Wir fliegen über Dresden, sehen den Falkenstein zum Greifen nah und später erleben wir afrikanische Wüste, den Nil – einfach genial.

Als wir ankommen ist es schon dunkel, einen Zustand, den man als Ausländer in Tansania möglichst meiden sollte. Es gibt da schon immer mal wieder Vorkommnisse, die wohl nicht bloß erzählt werden. Na uns kann ja nichts passieren wir werden ja abgeholt. – Das dachten wir jedenfalls. Am Anfang vermuteten wir noch eine afrikanische Verspätung. Später versuchten wir mit dem Hostal zu telefonieren, leider ohne Erfolg. Das tansaniasche Telefonnetz fällt immer mal zusammen. Nach einer Stunde dann doch die Entscheidung Taxi zu fahren, natürlich viel teurer als das was wir bereits bezahlt hatten. Ja und auf was sollten wir achten, um einen seriösen Taxifahrer zu erkennen? Na ja, so unheimlich viel Auswahl hatten wir nicht. Der Fahrer hatte eine Art Legitimation um den Hals, das Auto auch ein Zeichen was wohl ein gutes sein sollte und er wusste natürlich alles über unser Hostal, kannte die Managerin und hoffentlich auch den Weg dort hin, so schwierig konnte es doch nicht sein.
Nach etwa einer halben Stunde biegt er rechts ab, fährt auf bereits schon reichlich unwegsamen Gelände an ein paar bewohnten Hüttlein entlang um dann in eine noch staubigere und unwegsamerer und vor allem sehr enge „Strasse“ (eher Feldweg) einzubiegen, die beidseitig hohe Mauern hatte. Diese hatten die gleich Farbe wie der “Weg“ und man konnte nicht hindurchgucken. Nach vorn reichte der Blick auch nur 50 m, dann kam eine Kurve, die menschlichen Behausungen, die wir passiert hatten, waren längst außer Sicht-und Hörweite.
Nicht nur mir schwante nichts Gutes und als er zum Telefon griff „wusste“ ich, jetzt informiert er seine Bandenmitglieder. Auch dass wir 4 Personen waren, würde uns nichts nützen. Wir kamen vom Flughafen mit Riesenrucksäcken voll begehrter Ausrüstung und hatten das gesamt Reisebugdet bei uns. Sie würden uns nackt aus Afrika zurückschicken!
Doch da wäre meine Geschichte jetzt zu Ende. Das Schicksal hatte es sich anders überlegt, wir konnten diesen Menschen bewegen zurückzufahren, die Aufregung legte sich jedoch trotzdem erst sehr langsam, bis wir endgültig begriffen hatten, dass er den Weg überhaupt nicht kannte. Nach schier endloser Zeit, die er auf der einen Strasse hin und her fuhr, bat er dann einen andern Taxifahrer um Hilfe, dann fanden wir den Wegweiser zum Hostal, es wurde aber erst noch wieder endlos vor dem falschen Eingang gehupt. Doch irgendwann waren wir da und haben erstmal ein Bier getrunken. Die Steine, die uns da vom Herzen fielen, liegen da jetzt noch rum.
Ja so hatte uns also Afrika empfangen. Und damit könnte ich meine Geschichte jetzt tatsächlich beenden, denn alles was dann kam, war dann „DER“ Urlaub.

Wir hatten keine der geplanten Aktivitäten von Deutschland aus gebucht, wir wollten vor Ort alles, so weit möglich, sehr individuell und preisgünstig gestalten. Allein der Gedanke am Berg im Plaste – Sessel zu sitzen erschien uns nicht wirklich erstrebenswert. Die Besteigung des Kilimanjaro hat ja auch so noch genug von Kolonialtrekking.

Also nutzten wir die ersten beiden Tage, um die Agenturen, die wir von daheim aus in die nähere Wahl gezogen hatten aufzusuchen und hatten danach auch keine Entscheidungsschwierigkeiten. Also die Tour zum Kibo war perfekt. Doch wir wollten ja zur Akklimatisation den Mt. Meru besteigen. Er steht quasi gegenüber vom Kibo und ist mit 4562 m ideal schon mal zu testen wie es mit der Höhe so gehen könnte. Was viele nicht wissen, diesen Berg kann man ohne Probleme (fast) allein machen. Man braucht keine Träger, keine Führer usw. Es gibt Hütten, wo man ein Bett bekommt und einen Aufenthaltsraum nutzen kann. Kochzeug und Essen für 3-4 Tage mitnehmen ist kein Problem. Was man braucht ist ein Ranger mit einem Gewehr, der gegebenenfalls das Großwild von den Touristen fernhält und ein Gefährt was dich hinbringt und wieder abholt. Aber alles geht völlig problemlos und einigermaßen preiswert zu organisieren. Am 3. Tag nach unserer Ankunft auf Afrikanischem Boden, brechen wir zu dieser Tour auf. Am Nationalparkeingang werden wir einem Ranger zugeteilt, der allerdings auch noch für andere Touristen zuständig ist, die mit Führer unterwegs sind. Das sah zwischenzeitlich mal so aus, als würde das zum Problem werden, da nicht alle „Touris“ das gleiche wollten, aber es löste sich alles entweder friedlich oder zu unseren Gunsten. Im unteren Teil bekommt man auf dem Weg zum Berg durchaus auch Büffel und Giraffen zu sehen, in einiger Entfernung und das ist gut so. Zur ersten Hütte geht es vorwiegend durch Regenwald, man hat aber auch herrliche Ausblicke in den Arusha – Nationalpark, z.B. zu den Momella – Seen, die mit ihrer Rosafärbung bestechen… von den tausenden Flamingos, der absolute Wahnsinn. Nur der Gipfel des Kibos hält sich in den Wolken verborgen.
In der gesamten Zeit, die wir In Tansania sind, wird das so bleiben. Nur wenn wir Glück haben sehen wir ihn morgens oder abends. Zur Mittagszeit ist es ihm wohl zu warm, vielleicht helfen ihm die Wolken, seine Eiskappe noch ein bisschen länger zu bewahren.

Wie an vielen Bergen dieser Welt, bricht man auch am Mt. Meru zum Gipfelsturm mitten in der Nacht auf. Eigentlich finden wir das nicht so prickelnd, weil wir genug Zeit haben und es gibt hier keine wesentlichen Gefahren, die das zwingend erfordern. Wir fügen uns aber geduldig unserem Ranger und gehen 01:00 Uhr los.

Der Weg nach oben scheint irgendwie kein Ende zu nehmen, ein Blick auf den Höhenmesser lässt mich hoffen, dass der falsch geht. Aber leider tut er das nicht. Es ist schlimm kalt und irgendein Problem hat jeder, entweder Kopfschmerzen oder der Bauch macht nicht was er sollte. Schließlich hatten wir am Abend Nudeln mit einer Unmenge von Knoblauch gegessen. Und wie „überraschend“ es ist auch noch anstrengend. Am Ende sind wir aber alle um 07:00 Uhr auf dem Gipfel und sind glücklich, die erste Etappe auf dem Weg zum Dach von Afrika geschafft zu haben. Doch hier müssen wir erstmal wieder runter und finden es plötzlich gut, dass wir beim Aufstieg nicht gesehen haben, wie viele „auf“ -und „abs“ immer wieder zu bewältigen waren, ehe man den Gipfel auch bloß gesehen hätte. Und sehen heißt ja noch lange nicht, dass man’s dann schon bald geschafft gehabt hätte. Und jetzt wo es hell ist, sieht man auch wie staubig der Weg ist. Der Tipp, Gamaschen anzuziehen war gut, aber auch dem Fotoapparat tut ein bisschen Staubschutz gut. Nur aufs Einatmen kann man nicht verzichten, gut dass es wenigstens in den unteren Lagen morgens manchmal ein bisschen regnet.

Auf alle Fälle war’s eine gute Vorbereitung auf den Kibo. Nach einem Ruhetag, werden wir zusammen mit unseren Trägern zum Startpunkt gebracht.

Pole, Pole (immer schön langsam)

Wir haben „Basic“ gebucht und das heißt immer noch 1 Guide, 1 Assistent, 1 Koch und 7 Träger für uns 4 „Touris“. Was wir nicht haben und nicht vermissen sind Tische, Stühle und eine Chemietoilette (es gibt in allen Lagern Plumpsklos). Unser „moving hotel“ ist etwas sparsamer, aber es hat immerhin noch ein extra Esszelt wo wir bequem zu viert drin sitzen und essen können. Das Essen bekommen wir serviert, es ist immer gut und reichlich, aber es muss eben auch da mit rauf geschleppt werden. Zugegeben man gewöhnt sich dran und findet es nicht unangenehm. Soviel und so gut haben wir noch nie am Berg getafelt und so schnell wird das auch nicht wieder vorkommen. Leider bekommen wir außer dem Führer und dem Kellner kaum jemand von unseren Leuten zu Gesicht. Die sitzen meist dicht gedrängt im Kochzelt und sind von sich aus viel zu schüchtern (oder schon fast demütig) um mit uns Kontakt aufzunehmen. Unsererseits will das auch nicht so richtig gelingen, es ist einfach kein Platz in dem Kochzelt und die Verständigung ist mangels Sprachkenntnissen (unser Kiswahili hält sich in Grenzen) nicht mit allen möglich.
Unser Führer spricht gut Englisch und war bereits über 100 Mal auf dem Gipfel. Auf Grund seiner guten Erfahrung wird unser ursprünglich geplanter Tourenverlauf etwas verändert, um eine maximale Höhenanpassung zu erreichen. Diese Flexibilität ist nur auf Grund unserer individuellen Vorortbuchung möglich und neben beträchtlichen finanziellen Einsparungen ein weiterer Vorteil.

So werden wir andere Camps anlaufen als ursprünglich gedacht und wenn wir, gleich aus welchen Gründen, den Gipfel nicht im ersten Anlauf schaffen, gibt es die Möglichkeit eines zweiten Versuches. Das geht natürlich nicht wenn man in einer Gruppe gebucht hat. Am Ende benötigen wir 7 Tage auf der Lemosho Route. Bis auf einen Regennachmittag, wo wir alle klitschnass waren, hatten wir zwar keine ideale Sicht, aber optimales Wetter. Die tolle Sicht hatte sich der Kibo für unseren Gipfeltag aufgehoben und uns damit empfangen. Der Gipfeltag begann um Mitternacht, nach 6 -7 Stunden erreichen wir den Gipfel. Das Gefühl war unbeschreiblich und nicht wenige Tränen wert. Man hat sich gar nicht satt sehen können: „Oh Augenblick verweile doch, du bist so schön.“

Aber wir müssen wieder runter, es ist auch ziemlich kalt da oben und so ganz geht die Höhe an keinem von uns vorbei, oder sind es „nur“ die Anstrengung, die Müdigkeit und der Hunger?
Nach insgesamt 10 bis 11 Stunden erreichen wir wieder das Barafucamp, den Ausgangspunkt für den Gipfel, kriechen in unsere Schlafsäcke und kommen nur zum Essen raus.

Am nächsten Tag steigen wir die 3000 m bis zum Mwekagate ab. Von den Schmerzen in unseren Knien lenken uns grandiose Ausblicke und der Abwechslungsreichtum der verschiedenen Klimazonen, von der Steinwüste bis zum Regenwald ab.

Im Anschluss an die bergtechnischen Anstrengungen lassen wir uns noch bei einer Safari verwöhnen. Wir besuchen 4 Nationalparks in 4 Tagen, jeder ein bisschen anders und alle beeindruckend.

Am Ende haben wir noch zwei Tage Zeit. Wir nutzen sie zu einem Besuch eines Massaidorfes, wo Lutz noch viel Spaß bei einem sportlichen Kampf gegen einen der stärksten Krieger hat.

Beim Besuch einer Familie auf einer Kaffeeplantage lernen wir viel über Kaffeeanbau, z:B. wird der Kaffee nicht gemahlen, sondern mit einem übergroßen Holzmörser zerstoßen.
Alles in allem also „DER“ Urlaub. Tansania hat uns mit offenen Armen empfangen. Die Leute sind freundlich und sehr bescheiden.

Tansania gehört aber zu den ärmsten Ländern der Welt. Ein ganz großes Problem ist die Energieversorgung. Diese beruht fast ausschließlich auf Wasserkraft. Und wenn es nicht regnet, gibt es keinen Strom und damit ist auch die moderne Technik nicht einsatzfähig. Oft war unser Hostal auf den Generator angewiesen und damit funktionieren weder Internet, noch warme Dusche und auch kein Toaster.
Zum Schluss noch eine Bemerkung zu einer Tatsache, die uns heute noch fasziniert und durchaus Fragen aufwirft. Man kann sagen, dass die meisten Leute einen sehr sauberen Eindruck machen, die Kleidung immer wie frisch gewaschen und gebügelt. Aber es gibt dort eigentlich nur Staub, der mit jedem Schritt massiv aufgewirbelt wird. Gerade jetzt in der Trockenzeit. Möchte bloß wissen wie die das machen, uns ging das Zeug durch die Sachen durch bis auf die Haut!

Die vier auf dem Dach von Afrika waren Lutz und Trixi sowie Andreas und Marion.