Wie weiter beim Boofen?

Wie ihr wisst, ist das Boofen im Nationalpark eine Ausnahme und laut Nationalparkverordnung nur möglich “soweit dies in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung des Klettersports erfolgt und der Schutzzweck des Nationalparks dadurch nicht beeinträchtigt wird”. Davon hat sich die Realität in den letzten Jahren leider entfernt: Nach Zählungen und statistisch plausiblen Hochrechnungen steigt die Anzahl der Freiübernachtungen kontinuierlich, 2019 waren es gut 34.000. Schätzungsweise stehen weniger als 10% davon im Zusammenhang mit dem Klettersport. Gravierender ist jedoch, dass gut die Hälfte der Übernachtungen nicht in zugelassenen Boofen sondern „irgendwo“ stattfanden. Boofen wurde in den letzten Jahren in Magazinen, Zeitungen, Blogs, bei YouTube oder Instagram als “Abenteuer vor der Haustür” bekannt und hinausgetragen. Waren die Standorte der Boofen vor 15 Jahren noch ein gut gehütetes Geheimnis und nur Wenigen zugänglich, lassen sie sich inzwischen leicht auf OpenStreetMap und anderen Seiten finden.

Dass sich viele nicht mehr naturverträglich verhalten, ist zunehmend offensichtlich und sollte keine Überraschung sein. Man bedenke Lautstärke, Müll, Erosionsschäden oder Feuer und Waldbrände. Kritisch ist, dass mit der Zunahme der Übernachtungen die erfolgreichen Bruten von Wanderfalke und Schwarzstorch seit Jahren zurückgehen. Die permanente Beunruhigung durch Boofende mag nicht die einzige Ursache sein. Jedoch gibt es die Tendenz zurückgehender Reproduktionsraten im Böhmischen Nationalpark, wo das Boofen verboten ist, nicht.

Die Nationalparkverwaltung sieht als Lösung nun Änderungsbedarf an der Bergsportkonzeption, die das Boofen näher regelt. Dabei müssen die beteiligten Bergsportverbände (Sektion Dresden, ASD und SBB) einbezogen werden. Zur Mitwirkung wurde Anfang dieses Jahres die AG “Boofen” als Untergruppe der AG “Natur und Umweltschutz” (NUS) gebildet. Sie besteht aus 2-3 Vertretern jeder Sektion, wird von der Nationalparkverwaltung informiert und arbeitet den Vorständen der Sektionen entsprechende Stellungnahmen zu.

Ende April fand endlich das erste Treffen mit Nationalparkverwaltung und Umweltministerium statt. Um die Probleme zu lösen, möchte man dieses Jahr 15 Boofen sperren und im kommenden Jahr eine Art Ticketsystem einführen. Die Gründe für die Sperrungen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: Übernutzung (Vermüllung, Erosionsschäden) und nächtliche Beunruhigung der Natur (späte Anreise, Lautstärke in der Boofe, Feuer) teilen. Zum Ticketsystem wurden keine Aussagen gemacht.

Unsere Stellungnahme fällt kritisch aus. Wir erkennen in den Sperrvorschlägen kein Konzept, wie die Probleme durch Missbrauch der Boofregelung und ungezügeltes Freiübernachten außerhalb zugelassener Boofen gelöst werden kann. Uns blieben auch klare Zielvorstellungen verborgen, die mit den pauschalen Boofsperrungen verfolgt werden. Wie will man illegale Freiübernachten eindämmen? Welche Kriterien gibt es für eine Boofrealität, die dem Schutzzweck des Nationalparks nicht zuwiderläuft? Mit welchem Kommunikationskonzept und Kontrollregime will man die Zielgruppe der illegalen Boofer erreichen?

Es ist selbstverständlich, dass wir Ruhe während der Brut- und Aufzuchtszeiten sensibler Vogelarten unterstützen, wie es beispielsweise durch die temporäre Sperrung der Boofe an der Ostseite des Hohen Torsteins seit Jahren Praxis ist. Der Horstschutz betrifft im aktuellen Vorschlag jedoch nur zehn der 15 geplanten Sperrungen. Da die zusätzliche Kontrolle der neuen Sperrungen fraglich ist, haben wir das Gefühl, dass Aktionismus vor Wirkung steht. Denn durch Sperrungen wird das Problem lediglich verlagert, d.h. noch mehr an ungenehmigten Plätzen übernachtet. Statt der dauerhaften Sperrung von 15 Boofen, schlagen wir die temporäre Sperrung von zehn Boofen im Umfeld bekannter Horstplätze während der Brutzeit vor. Außerdem sollten diese Maßnahmen auch evaluiert werden.

Die Situation ist unbefriedigend. Aus unserer Sicht geht an offensiverer Kommunikation der bestehenden Regeln und deren Kontrolle kein Weg vorbei. Boofen muss wieder auf den ursprünglichen Kern im Zusammenhang mit Klettern zurückgeführt werden. Dabei kannst auch du aktiv werden, indem du das Boofen nicht breit trägst und stattdessen auf Campingplätze oder Ferienwohnungen in der Nähe verweist. Auch der SBB macht aus gutem Grund keine “Boofwerbung”.

Nun muss im nächsten Schritt der Beteiligungsprozess von der Nationalparkverwaltung offiziell mit dem Vorstand weitergeführt werden. Die AG “Boofen” soll weiter an der Gestaltung praktikabler und tragfähiger Lösungen mitwirken.

Johannes Höntsch für die AG “Boofen”
Rainer Petzold, AG NUS

11.06.2021
 

“Verhalten in der Boofe”

  • Boofe nur an zugelassenen Stellen und nur im Zusammenhang mit dem Klettersport.
  • Sei vor der Dämmerung in der Boofe, die Sonne diktiert deinen Zeitplan. Auch wenn du keine Tiere siehst, sie sehen dich.
  • Feuern ist unabhängig von Waldbrandstufe, Witterung oder Jahreszeit inakzeptabel. Schon den Geruch von Rauch nehmen Tiere als Gefahr wahr. Beräume Feuerstellen (verkohltes Holz, Steine) und entferne angelegte Feuerholzvorräte.
  • Gehe sparsam mit Licht um. Wie wär’s mal mit Boofen ohne Lampe?
  • Sprich andere auf ihr Fehlverhalten an und erläutere ihnen die Folgen.
  • Nehme jeglichen Müll wieder mit (auch den von anderen).
  • Verrichte deine Notdurft nur dort, wo sie der Regen auch wegspülen kann, sonst bleibt sie da jahrelang. Das gilt auch für das Vergraben von Fäkalien und Klopapier. Nimm alles wieder mit, was nicht verrottet.
  • Ruhe in der Boofe: Stelle dein Handy in den Flugmodus oder mache es aus, Musik sowieso.